Montag, 13. Mai 2019
Jetzt weiß ich, was passiert ist
Es war das Spray.
Die Apotheke hat einen Fehler gemacht - der PH-Wert hat nicht gestimmt und das Spray hat meine Nasenschleimhaut geschädigt, die Riechzellen zerstört. Das kam bei der pharmakologischen Untersuchung zutage.

Natürlich habe ich der Apotheke sofort Bescheid gegeben, damit der Fehler - wie auch immer er entstanden ist - sich nicht wiederholt. Gleichzeitig verwies ich auf den Pharmakologen, der das Spray getestet und den Makel festgestellt hat.
Was wird jetzt passieren?
Ich will niemandem unnötig Ärger bereiten. Menschen und machen auch mal Fehler. Aber ich habe einen schweren Schaden erlitten. Und ich möchte den Beleg und Beweis, dass dies nicht mehr vorkommt - ein Lippenbekenntnis reicht mir da nicht; ich wünsche mir Einblick in die diesbezüglich veränderten Qualitätssicherungsmaßnahmen.
Falls die Apotheke sich weigert, werde ich sie verklagen.

Aber davon kommt mein Geruchssinn auch nicht zurück.

Schmecken kann ich nach wie vor gar nichts, riechen nur gelegentliche Winzigkeiten.
Aber ich habe mich wieder etwas gefangen.

Geholfen hat mir die nüchterne Erkenntnis, dass ich meinen Zustand akzeptieren muss. Auch, wenn ich natürlich hoffe, dass er sich irgendwann mal wieder ändert.
Das ist mir nicht leicht gefallen. Mir ging es einige Tage lang psychisch richtig dreckig. Zum Glück haben liebe Freunde und Verwandte mich immer wieder aufgebaut. Wie dankbar bin ich dafür!

Dazu beigetragen hat, dass mein Arzt meinte, er sehe durchaus noch eine gewisse Hoffnung.
Jetzt mache ich eine zusätzliche Behandlung mit zweimal wöchentlich kurzzeitig in die Nase eingeführten Cortisonkissen.
Und Riechtraining, ganz intensiv, obwohl ich kaum etwas wahrnehmen kann.

Immer noch gilt die Devise: Geduld ...

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Donnerstag, 2. Mai 2019
Unfassbarer Rückschlag
Es war alles so gut gelaufen.
Die Düfte beim Riechtraining wurden immer konturierter und auch im Alltag bekamen einige Dinge manchmal wieder einen Hauch an Aroma.

Mir war ein neues Cortisonspray verschrieben worden, dass mit einem Applikator kopfüber eingeführt werden und so die Riechrinne erreichen sollte. Eine Apotheke mischte es mir nach Rezept meines Arztes zusammen.

Frohgemut wendete ich es an. Und sofort begann alles zu brennen.

Zunächst dachte ich noch, das sei normal und würde sicher gleich wieder aufhören. Aber das Brennen wurde immer schlimmer und entwickelte sich zu einem entsetzlichen Schmerz in Kopf und Stirn.

Ich roch an meinen Tiegeln. Nichts. Alle Duftwahrnehmungen waren weg.

Dann spülte ich die Nase. Es brannte weiter, unerträglich.
Also auf in die Notfallambulanz. Zum Glück wurde ich gefahren. Ich konnte nämlich vor Schmerzen nicht einmal mehr die Augen öffnen.

Die diensthabende Ärztin untersuchte die Nase (die war unauffällig), studierte die Inhaltsstoffe des Sprays und meinte, sie habe keine Erklärung für diese Reaktion. Sie riet zu intensivem weiteren Nasenspülen und schickte mich wieder heim.

Nach einer schlaflosen Nacht schleppte ich mich durch den Feiertag und bekam zum Glück gleich heute einen Termin bei meinem behandelnden Arzt. Er war ebenso ratlos wie seine Kollegin in der Ambulanz. Auch seine Untersuchung zeigte keine Auffälligkeiten. Eine allergische Reaktion, so meinte er, könne es nicht gewesen sein, dann wäre alles zugeschwollen.

Nun wird also das Spray einer pharmakologischen Untersuchung unterzogen. Vielleicht ist beim Anmischen etwas schiefgegangen und der Inhalt stimmt nicht mit der Beschriftung überein. Falls nicht, bin ich ein medizinisches Rätsel. Dann muss herausgefunden werden, warum ich derart extrem auf die komplett normalen Inhaltsstoffe reagiert habe.

Ob mein Geruchssinn sich wieder verbessert, und in welchem Maße, ist derzeit völlig unsicher. Der Arzt meinte, es bestünde ein bisschen Hoffnung, da ich heute zumindest einige winzige Duftwahrnehmung mit einigen meiner Dufttiegel hatte. „Erkennung“ der Düfte kann ich sie nicht nennen. Auch schwankten sie stark von Test zu Test. Und sie waren winzig.

Sämtliche Aromawahrnehmungen des Geschmackssinns, die mir noch erhalten waren, (Clemetinen, Kumquats, Oliven) sind verloren.

Ich versuche, die Hoffnung zu nähren, aber ich bin gerade so verzweifelt, dass ich dies kaum tippen kann.

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Montag, 29. April 2019
Das Festessen
Auf das Familienfest hatte ich mich gefreut, doch vor dem Essen war mir bang gewesen. Doch dann überraschte mich eine Himbeersauce mit einem Hauch Aroma beim ersten Bissen, ebenso wie eine Scheibe Gurke. Beim Rest der Mahlzeit freute ich mich an der Textur und natürlich vor allem an den netten Gesprächen.
Es hat mich sehr überrascht, wie sehr ich das Essen trotz der spürbar großen Einschränkung genießen konnte.

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Samstag, 27. April 2019
In guten Händen ...
… fühle ich mich jetzt endlich, was die Behandlung meines Leidens angeht!
Der nette mir empfohlene Arzt wird seine Dienststelle bald verlassen und verwies mich freundlich an einen ebenso netten Kollegen, der sich ebenfalls mit Riechstörungen auskennt. Und wie! Die achtzigminütige Autofahrt war es mehr als wert!

Hier wurde nun also endlich ein richtiger Riechtest gemacht, und das Ergebnis hat mich überrascht. Obwohl ich teilweise nur winzige Duftspuren erahnen konnte, habe ich wohl doch einen Riech-Rest, der Gutes hoffen lässt.

Das mir von meinem allerersten Behandler hier in meiner Heimatstadt verschriebene Kortisonspray ist zwar vom Wirkstoff her richtig, von der Anwendung her jedoch völlig nutzlos, denn das gute Zeug landet nicht in der Riechrinne; die liegt nämlich so tief im Nasenraum, dass ich das Spray kopfüber anwenden müsste - und das geht mit konventionellen Nasensprays nicht. Ich habe ein Rezept für ein neues Spray mit speziellem Applikator bekommen und warte darauf, dass die Post es mir bald bringt, denn keine Apotheke hier wollte es mir fertigen, weil man die Applikatoren nur in großen Mengen bestellen kann (was auch belegt, dass kein HNO hier von dieser Behandlungsform weiß!)

Riechtraining soll ich fleißig weitermachen. Ich habe beim Riechtest die vier Standarddüfte, mit denen ich am längsten trainiere, sicher erkannt - also bringt es offenbar tatsächlich was. (Das tut es ja sogar bei Menschen, die überhaupt nichts mehr riechen können!).

Wie der nette Arzt mir erklärte, habe ich also streng genommen keine Anosmie, sondern eine Hyposmie (stark vermindertes Riechvermögen) und eine Parosmie (verfremdetes Riechen).

Und er sagte, die Chancen stehen wirklich gut, dass es wieder besser wird.
Zusätzlich zum Kortisonspray soll ich jetzt auch jeden Morgen Alpha-Liponsäure nehmen, dazu dann noch Zink. Und Vitamin-A-Tropfen in die Nase.

Der Arzt sah keine Notwendigkeit, mit stärkeren Kanonen (Kortison als Tabletten, Antibiotikabehandlung) zu schießen.

Das hat mich alles sehr aufgebaut und ich war zwei Tage lang sehr froh und zuversichtlich.
Das mit der Geduld ist freilich nicht so leicht. Die starken Schwankungen des Riechvermögens machen mir zu schaffen, und als ich heute früh eine (wie man mir sagte) stark duftende Zitronenmelisse nicht mal ein kleines bisschen wahrnehmen konnte, war ich schon sehr traurig.

Dann dachte ich wieder an die Aussage zur Geduld.
Die Regeneration der Riechzellen dauert lange, ein Zyklus ca. 6 Wochen, und oft braucht es mehrere, bis sich etwas tut.
Geduld. Geduld. Geduld. Das wird wohl mein neues Mantra. ;-)

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Samstag, 20. April 2019
Allmähliche Resignation
Nach einer Woche, die so arbeitsreich war, dass ich kaum zum Schlafen, geschweige denn zum Nachdenken über meine Riechnerven kam (außer bei den Mahlzeiten, die waren immer ziemlich frustrierend), dräuen nun die Feiertage: Kochen für Verwandte, gemeinsame Mahlzeiten ...
Ich esse eigentlich viel zu viel in letzter Zeit, weil ich mir bei jedem Bissen erhoffe, doch endlich wieder etwas zu schmecken. Vergeblich natürlich. Und Freude macht das Essen keine mehr.

Außerdem fühlt es sich seit einigen Tagen so an, als nähmen sogar die winzigen Geruchswahrnehmungen, die ich ab und zu mal habe (auch die der Öle beim Geruchstraining) weiter ab.

Allmählich macht sich in mir eine ziemlich traurige Resignation breit. Mir ist klar geworden, dass die meisten Betroffenen sich viele Jahre lang mit diesem Leiden herumschlagen, und zwar ohne wesentliche Besserung oder Veränderung. Bei manchen wird es irgendwann ein wenig besser, einige erholen sich (annähernd) komplett. Aber bei vielen ändert sich gar nichts.

Es kann sein, dass ich mich mit diesem Schicksal abfinden muss.

Das fällt mir sehr schwer.

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Samstag, 13. April 2019
Facebook
Blogs sind leider aus der Mode gekommen. Auch Foren gibt es kaum mehr, zumindest fand ich keines zum Thema Anosmie. Also blieb mir nichts anderes üblich als der Weg zu Facebook. Flugs meldete ich mich bei allen Anosmie-Selbsthilfegruppen an, die ich dort finden konnte.

Besonders gut gefällt mir die sehr sorgsam und liebevoll moderierte Gruppe „AbScent“ (https://www.facebook.com/groups/smelltraining). Die dazugehörige Webseite, die eine Fülle von Informationen zum Thema Geruchstraining anbietet, ist auch eine gute Ressource für alle, die Englisch können (https://abscent.org).

Ich hatte Sorge, nur Horrorgeschichten lesen zu müssen, aber gerade in der AbScent-Community melden sich auch Leute zu Wort, bei denen sich die Erkrankung gebessert hat, nicht zuletzt die Betreiberin Chrissi Kelly, die sich seit ihrem Verlust des Geruchssinns im Jahr 2012 für Betroffene einsetzt. Ihre eigene Nase hat sich inzwischen wieder erholt, und ihr Engagement macht mir Mut.

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